Details zur Geschichte:
50 Jahre TSG
Kategorie: Geschichte | Datum 27.06.2024
Lübbecke/Espelkamp. Astrid Rinne kann sich noch gut erinnern. Sie gehörte vor 50 Jahren zu den Gründern des Tanzsportvereins Rot-Weiss-Gold Lübbecke. Neun Tanzpaare, die vorher im Tanzverein Schwarz-Gold Rahden aktiv waren, machten sich seinerzeit selbstständig und gründeten am 24. Juni 1974 den neuen Tanzsportverein. Schwerpunkt des neuen Vereins sollte neben den Latein- und Standardtänzen das Tanzen in einer „Berliner Formation“ sein. Zum 1. Vorsitzenden wurde damals Ernst Koch gewählt, der Mitgliedsbeitrag betrug monatlich 15 DM pro Paar.
Zusammen mit dem heutigen Vorsitzenden Uwe Berndt, seinem Vorgänger Hartmut Wegert und dem IT-Beauftragten Uwe Priesmeyer lässt sie die Geschichte der Tanzsportgemeinschaft Revue passieren. Mit Patsy Hull fand der Verein eine kompetente Tanzlehrerin. Doch zunächst musste Mutter Maureen, die zusammen mit ihrem Mann eine Tanzschule in Osnabrück führte, überzeugt werden. „Das war schon eine Herausforderung“, erinnert sich Astrid Rinne. Die Einwilligung gab es erst nach einem Vortanzen der neun Paare. Da die junge Tanzlehrerin noch keinen Führerschein besaß, wurde sie jeweils aus Osnabrück abgeholt und nach dem Training wieder zurückgebracht. Damals wie heute wird im Saal von „Kaiser Dorfkrug“ in Isenstedt getanzt. „Wir haben der Familie Picker ebenso zu danken für ihre Unterstützung über all die Jahre wie der Sparkasse und Volksbank plus“, sagt der Vorsitzende Uwe Berndt.
Neben den auch heute noch aktiv getanzten Standard- und Lateintänzen hatte sich eine „Berliner Formation“ gebildet, die zu der Musik von Paul Lincke auftrat. Der Kapellmeister und Komponist gilt als Vater der „Berliner Operette“. Die Kostüme wurden komplett von den Mitgliedern des Vereins entworfen und genäht. „Die Berliner Formation war sehr beliebt und wurde gerne für Betriebsfeste und ähnliche Veranstaltungen gebucht – von Osnabrück bis zur Freilichtbühne Kahle Wart“, erzählt Astrid Rinne. Neben der Berliner Formation wurde auch Quadrille, ein aus Frankreich stammender Kontratanz, der um 1800 in Paris entstanden war, getanzt. Auch hierfür wurden die Kostüme nach historischen Vorlagen selbst genäht.
Um neue Mitglieder zu gewinnen, bot die TSG Tanzkurse an. Damals gab es in Lübbecke noch keine Tanzschule. Zunächst unterrichtete Patsy Hull jede zweite Woche 90 Minuten. Da das Interesse stetig wuchs, weitete man das Angebot aus. Aufgrund der steigenden Mitgliederzahlen wurde bald jeden Mittwoch in drei Gruppen im Kaiser Dorfkrug getanzt. Als das Tanzen immer bekannter wurde, fanden die Kurse wegen der großen Anzahl der Paare in der Stadthalle und in der Pestalozzischule in Lübbecke statt.
Daraufhin beschloss die Familie Hull, in Lübbecke an der Bäckerstraße mit dem damaligen Immobilienbesitzer Werner Fortriede, eine Tanzschule einzurichten.
Hier trainierten auch die Latein-Formationen unter der Leitung von Patsy Hull und Guido Niermann. Hartmut Wegert, im März 1996 zum neuen 1. Vorsitzenden der TSG gewählt, schwärmt von tollen Tanzevents. Die Lübbecker Latein-Formationen nahmen an Landesliga- und Oberligaturnieren teil. „Jedes Jahr fanden fünf Turniere statt“, erzählt er. „Es ist uns gelungen, drei Turniere nach Lübbecke zu holen, an denen jeweils bis zu elf Mannschaften teilnahmen.“ Im Februar 2001 und 2002 wurden hier Landesligaturniere ausgetragen. Als die erste Mannschaft aufgestiegen war, am 14. Februar 2004 auch ein Oberliga-Turnier. 500 Zuschauer verfolgten das Programm in der Stadtsporthalle. Die Tageszeitungen schrieben damals begeistert: „Das Feuer Südamerikas loderte über Lübbecke.“
Doch der Aufwand war sehr groß. Jedes Jahr mussten einige Tänzer und Tänzerinnen, die studienbedingt Lübbecke verließen, ersetzt werden. „Dazu kam, dass der Aufwand für die Durchführung von Tanzturnieren sehr hoch ist“, sagt Hartmut Wegert. Es müssen fünf lizenzierte Wertungsrichter bestellt werden. Es wird eine spezielle Musik benötigt und eine Turnierfläche von 14 x 14 Metern. Letztendlich entschloss sich der Verein, schweren Herzens die Formationen aufzugeben.
Nach dem Rückzug aus dem Turniersport hat sich der Verein bis heute ganz der Freude am Tanzen verschrieben. „Tanzen ist ein Sport, den man als Paar, in der Gruppe oder auch als Einzelperson bis ins hohe Alter ausüben kann“, sagt der heutige Vorsitzende Uwe Berndt und zitiert Eckart von Hirschhausen, „Nichts erhält unsere grauen Zellen so gut wie ein buntes und bewegtes Leben.“ Laut der legendären Einstein-Aging-Studie, die Menschen über Jahrzehnte begleitet hat, erreiche Tanzen eine Risikoreduzierung der Demenz von sensationellen 76 Prozent.
„Wir als Verein möchten den Spaß und die Freude am Tanzen fördern, neue tänzerische Impulse setzen und Tanzen mit Gesundheit und körperlicher Fitness kombinieren“, sagt Uwe Berndt. Zurzeit zählt die TSG 50 aktive Mitglieder, die in drei Gruppen jeden Mittwoch ab 18.45 Uhr hintereinander im Gasthaus „Kaiser-Dorfkrug“ in Isenstedt ihrem Hobby frönen. Alle werden trainiert von Patsy Hull, die mit ihrer Kompetenz und ihrem großen Einfühlungsvermögen seit 50 Jahren ein Garant für das Bestehen des Vereins ist. Interessierte sind immer gern gesehen, sollten aber die Grundlagen in Latein- und Standartänzen beherrschen oder Grundkurse besucht haben“, sagt Uwe Priesmeyer.
Über das Tanzen hinaus wird die Verbindung zwischen den drei Tanzgruppen gefördert. Grillfest, Weihnachtsfeier, jährlich wechselnde Herbstausflüge und gemeinsame Wanderungen fördern den Zusammenhalt und die Geselligkeit. Dabei sind dann auch die etwa zehn passiven fördernden Mitglieder.
Kontakt zur Tanzsportgemeinschaft kann über die Homepage des Vereins www.tsg-rot-weiß-gold-luebbecke.de oder telefonisch über den 1. Vorsitzende Uwe Berndt unter der Rufnummer 0155 66087831 aufgenommen werden.
Patsy Hull
Seit nunmehr 50 Jahren trainiert mit Paty Hull eine lebende Tanzsport-Legende den Verein. Sie hat riesige Erfolge errungen, wurde sechs Mal Weltmeisterin, drei Mal Europameisterin und mehrfach Deutsche Meisterin im 10-Tanz sowie im Standard- und Latein-Tanz, zudem Disco Weltmeisterin. Diese Erfolge errang sie zuerst mit ihrem älteren Bruder Damian und dann ab 1980 mit ihrem jüngeren Bruder Michael.
Seit 2003 gibt es die Patsy & Michael Hull Foundation, die sich für Tanz und Bewegung für Menschen mit Behinderung einsetzt. Auch hier hat sie große Erfolge gefeiert, wie bei einer Fünf-Städte-Tour 2012 und einer bundesweiten Zehn-Städte-Tour 2015, an der über 1.000 Akteure mit und ohne Behinderung teilnahmen.
Heute werden bis zu 300 Menschen mit Behinderung betreut, die entweder jede Woche die Tanzschule besuchen oder in den Förderschulen trainiert werden, um Freude und Spaß am Tanzen zu haben.